Berichte - Technik - LR 110er Bremssättel an RangeClassic

Umbaubericht: 110er Bremssättel an RangeClassic

Der Aufwand hat sich für mich gelohnt. Die 110er Sättel haben 25% mehr hydraulische Kraft und haben mir den Bremskomfort zurückgegeben, den die großen Puschen (265/75-16) raubten. Kehrseite ist ein dezent längerer Pedalweg. Aber der ist wirklich zu verschmerzen und bringt wohlmöglich eine bessere Dosierbarkeit. (Jetzt darf ich auch daran denken, 255er an den Range zu bauen. Aber erst müssen die BFG´s - ATs runter sein und das dürfte bei deren phänomenaler Laufleistung noch 5Jahre dauern.

So ein Umbau ist eins der Dinge, an die man sich sonst nicht traut, weil man nicht weiß ob es paßt und ob sich eine Geldausgabe lohnt. Gesucht hatte ich schon lange nach einer Möglichkeit, nicht mehr so dolle ins Pedal treten zu müssen. Gelesen habe ich zuallererst in der LRO und dann im pirate4x4.com Forum. Ohne die Angaben darin hätte ich nicht angefangen. Da stand nämlich, daß die 110er Bremssättel 46mm Kolben (meine Schieblehre sagt in etwa das gleiche) haben statt 41mm Durchmesser der Kolben bei der RangeBremsanlage (habe ich nicht kontrolliert). Ich hatte schon an 6-KolbenSättel gedacht, dabei war das "Gute so nah". Ich bin also kein Pionier.
Für alle die das nachmachen wollen werde ich aber in epischer Breite berichten, dann könnt Ihr vielleicht manches etwas zielstrebiger erledigen:


Die Bremszangen:
Die Vorderen vom 110er sind ganz gut gebraucht zu bekommen. Die hinteren Sättel sind seltener im Umlauf. Man sollte überlegen, innenbelüftete Sättel vorne neu zu erwerben, denn die sind im Vergleich zu den anderern verführerisch günstig. Überholen kostet nämlich auch etwas. Nun, ich habe einen Satz schnell gefunden und lasse solche Sachen gern sandstrahlen und lackiere sie dann poppig. Wenn man schon dabei ist, darf´s auch "Richtig" sein und lange Ruhe bescheren.

Das Englische Problem:
man muß gut ufpasse, ob die Achse metrisch oder zöllig ist, gleiches gilt für die Bremssättel. Mein Range hat 300tdi-Discovery Achsen, deswegen hatte ich mit metrischen Sätteln Glück. Es geht dabei um die zwei M12 (Feingewindeschrauben in hochfest, also mind. 10.9), die die Sättel an der Achse festmachen. Die zölligen Sättel haben etwas kleinere Bohrungen. Man kann diese aber aufbohren und sie dann an eine metrische Achse bauen (steht so im WHB des Discovery´s). Andersrum (also Metrischer Sattel an zöllige Achse) ist schwer - eventuell gibt es passende, dünne Hülsen dafür; ich bin nicht sicher, ob ich bereitwillig die Gewinde an den Achsen aufbohren und mit M12 HeliCoil (in passender Steigung) anpassen wollte. Achsen ab 1994 können wohl alle als metrisch gelten, vermutlich schon etwas eher.
Vorne muß man unbedingt die originalen 12-Kant M12 Schrauben nehmen, für Sechskantschrauben ist nämlich wegen der größeren Bremskolben kein Platz. Hinten geht das mit Sechskantschrauben in passender Länge (dazu später mehr!), die Schraubenköpfe haben da genug Raum.
Gleichermaßen muß man mit den Bremsleitungen sorgsam sein. Auch da wird bei Rover wild gemischt. Manchmal scheinbar auch am selber Fahrzeug. Das ist aber etwas, das man leicht parieren kann. Wenn man sich Leitungen selbst bördeln kann (Wohl dem, der ein "Sykes Pickavant" sein Eigen nennt ..) und eine kleine Auswahl Schraubnippel parat hält.
Es ist gefährlicherweise möglich, zöllige Verschraubungen in eine metrische Bohrung (des Bremssattels) zu bekommen. Das geht "von Hand" hineinzudrehen, wackelt nur anfangs etwas - aber darauf muß man gezielt achten. Beim Festziehen gibt dann das zöllige Gewinde nach und man macht große Augen. Glücklicherweise scheinen die Sättel das nicht übel zu nehmen und sind weiterverwendbar.

Bremskreise:
auf jeden Fall hat man vorne nun nur eine Bremsleitung pro Sattel. Der HBZ aber hat vier Ausgänge (!!! bei einem ABS-Range würde ich von der ganzen Sache erstmal Abstand nehmen. Weiß nicht, ob die Anlage mit den größeren Kolbenvolumina klarkommt!!!). Nun kann man eine Leitung zum linken Vorderrad laufen lassen, ist ja schon so original. Eine dann vor der Sprizwand her zum rechten Vorderrad, ist auch original; diese beiden Leitungen sind im Selben Bremskreis. Eine weitere Leitung geht dann zum Bremsdruckminderer bzw. zur Hinterachse. Da bleibt dann ein Ausgang über - den würde ich mit einem Entlüfternippel verschließen, müßte gehen. Ich hatte früher schonmal die Kreise vereinfacht, denn die Bremse von der 300tdi-Discovery-Achse hatte vorne auch nur jeweils eine Leitung zum Bremssattel. Da der HBZ damals neu sollte, hatte ich einen vom Discovery bestellt und verbaut.


Los geht´s:
Vorne ist das ganz easy. Die Sättel passen von den Bezugsmaßen exakt. Die Bremsleitungen von Sattel zu Bremsschlauch muß neu, denn die Leitung geht an der Achsmittigen Seite des Bremssattels in diesen hinein und nicht "oben" wie beim Range. Da würde ich passende bestellen. Habe ich auch, dummerweise war die Hohlschraube am Bremsschlauchende mit zu langem Gewinde gesegnet und stieß gegen die Kontermutter des Schlauches, bevor die Leitung fest angedrückt war. Also habe ich das Ende der Leitung knapp gekappt und die alte Hohlschraube übernommen. (Wohl dem, der ein "Sykes ...", ähh, ich wiederhole mich. Die originale Bremsscheibe darf bleiben, die ist nämlich identisch zu der vom 110er.
Das war es vorne eigentlich schon.

Hinten treten Probleme auf. Der 110er Sattel hat anderen "Offset", sitzt beim Probeanhalten nicht ganz 1cm mehr außen. An der achsmittigen Seite hat der Schacht des Bremssattels quasi die Bremsscheibe berührt. Bei der Salisburyachse sind hier demnach andere Befestigungsdimensionen da. Nun, aufgeben ging nich - allein wegen der schönen neuen Farbe der überholten Sättel (sie glänzen jetzt so schön blau). Also nahm im Unterlegscheiben mit großen Durchmesser und M10 Innenbohrung (hatte keine anderen) und habe sie mit 12er Bohrer (Stufenbohrer geht besser als gewöhnlicher Bohrer) passend gemacht. Es sollen nicht so normale, kleine Unterlegscheiben sein; mit den Großen ist die Anlagefläche des Bremssattels besser "gestützt". Die Unterlegscheiben haben auch eine Dicke, ich vergaß nur sie zu messen (kann ich nachholen). Wird aber etwa 1,5mm entsprechen. Dürfe ruhig etwas mehr sein, also 2mm oder 2,5mm denn der Sattel ist bei mir nicht ganz mittig über der Scheibe. Ist aber marginal. Diese Scheiben kommen also zwischen Achse und Bremssattel, deshalb könnte die Befestigungsschraube theoretisch auch einen "Tick" länger sein. Ich hatte keine anderen als die, die ich früher mal dafür besorgt hatte und habe sie wiederverwendet.
Die Bremsscheibe durfte bleiben. Ich hatte extra eine vom 110er hinten bestellt, aber der "Topf", der den Flansch zur Radnabe bildet ist bei ihr etwa 1cm länger bzw. "tiefer". Und das hätte die Bremsscheibe ja noch mehr in Richtung Achsmitte versetzt. Die Dicke der Bremsscheiben scheint identisch zu sein, ich hab´ das nicht gemessen sondern die Scheiben nur kurz nebeneinander gehalten. Zwischen besagtem "Topf" der Bremsscheibe und der Unterflache der äußeren Hälfte des Bremssattels ist nicht viel Platz, nur so 2-3mm. Das reicht zwar, aber wenn dieser "Topf" sehr rostig ist, dann wird der Rost am Bremssattel schubbern. Der dürfte das aushalten, aber man kann besser mal Rost wegmachen bisweilen.
Die originale Bremsleitung darf bleiben, sie paßt genau (sofern metrisch/zöllig hinhaut). Dummerweise war hier bei einer Leitung die Leitung mit dem Schraubnippel am Bremssattel fusioniert. Als ich den Nippel vom alten Sattel losdrehte hat sich die Bremsleitung mitverdrillt. Zum Glück hatte ich Ersatzleitung dabei und konnte sie neu nachmachen.

Wie immer gilt, die neuen Bremsklötze an den Umfängen leicht anzufasen (Feile), weil die Bremsscheibe hier ja immer rostige Kanten hat und die neuen Klötze sollen ja von Anfang an glatt anliegen.

Wer es komfortabel mag, kann zum entflüften professionelles Gerät nutzen: so ein kompressorbetriebenes Vakuum-Entlüftergerät. Meins ist ein kleines, Lucas der Hersteller. Gibt es hierzulande. Lohnt sich zwar finanziell für mich nicht, aber ich bin gern unabhängig und mag manchmal "Provisorien" nicht. Es gibt aber taugliche Billiglösungen.


Tja, das war es.


Nachtrag:

Ok, ich habe nachgemessen.
Die besagten Unterlegscheiben an der Hinterachse haben 30mm Außendurchmesser und sind 2mm dick. Die Dicke dürfte aber gern 2,5 oder sogar 3,0mm sein.

P.S. bei ABS-Range wird man wohl auch mit den Bremsleitungs-setup Probleme bekommen. Fiel mir nur nochmal so ein.

P.S. diese DOT5 Silikonbremsflüssigkeit ist einfach eine feine Sache. Die leckt zwar auch bei der Montage wie wild, aber ich glaube felsenfest, daß sie nicht so giftig und lackschädlich ist wie die DOT4 Hydraulikflüssigkeit.

P.S. nochmal eine Warnung vor Edelstahlbremskolben. Irgendwie haben die vorderen Sättel es geschafft (hinten nicht, wohl der geringeren Drücke wegen), ordentlich zu nässen. Die waren ganz mit feuchtem Bremsstaub besetzt. Meine Theorie ist immer noch, daß die weiche Oberfläche dieser Kolben leidet und durch Kratzer Flüssigkeit herausleckt. Das war damals ein dummerweise teures Experiment mit ganz vielen theoretischen Vorteilen gewesen, das leider sehr tief in die Hose ging. Never again ..


P.S. die Hinterachssättel vom 90" kann man verwenden, aber dann kann man auch gleich die vom Range/Disco an ihrem Platz lassen - die sind nämlich ziemlich sicher identisch. Ich finde, es müssen hinten auch die Sättel vom 110er sein - die mit den 46mm - Kolben. Beim Radstand des Range besteht nicht unbedingt die Gefahr, hinten zu überbremsen (das ist unbedingt zu vermeiden, sonst schwenkt das Heck dann herum wenn man es am allerwenigsten braucht).

 

 
 
Text: landymaniac
Fotos: 

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