Berichte - Fahrzeuge - MB Detlef`s G

Pressebericht
Thema: Leserauto
Zeitschrift: 4WheelFun
Ausgabe: 9/99
 
Auto des Monats, der G von Leser Detlef Regenberg
 
Im gepflegten Frankfurter Vorort Götzenhain ist das Straßenbild geprägt von dunklen Limousinen und schicken Cabrios, deren Besitzer sich auf dem nahegelegenen Golfplatz von den strapaziösen Geldgeschäften in der hessischen Bankenmetropole entspannen. Fourwheeler finden sich hier auch, meist in Form eines Range, ML oder Grand Cherokee, das neueste Modell, versteht sich. Der olivgrüne Monster-G wirkt in dieser Umgebung wie ein Fremdkörper, etwa so, als habe sich Godzilla in's Foyer der Oper verirrt.
"Einem Geländewagen muß man genügend Auslauf in seiner natürlichen Umgebung bieten, sonst ist das keine artgerechte Haltung", sagt der Besitzer des etwas anderen G's mit einem spitzbübischen Lächeln. Unternehmer Detlef Regenberg, der Verkaufs- und Managementseminare für die Industrie durchführt, ist ein Perfektionist. Aber einer von jener angenehmen Sorte, die frei von Verbissenheit sind. Fahren im Gelände sieht er als eine Form von Kunst an. "Da lernt man vieles, was auch in anderen Bereichen weiterhilft, schwierige Situationen zu meistern, z.B. Überlegen, Einschätzen, Gefühl für das Machbare bekommen. Bei einer Trophy etwa müssen sich Fahrer und Beifahrer 100%ig aufeinander verlassen können. Einen besseren Test für Teamfähigkeit gibt's gar nicht." Jene Zeitgenossen dagegen, die mit Bleifuß durchs Gelände bolzen, liegen ihm nicht: "Die gefährden sich und andere, und sorgen außerdem für ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit. Da kann man manchmal nur den Kopf schütteln und warten, bis die außer Reichweite sind (oder ausgefallen)".
Pem für ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit. Da kann man manchmal nur den Kopf schütteln und warten, bis die außer Reichweite sind (oder ausgefallen)".
Daß seine Philosophie aufgeht, beweisen unter anderem ein 8. Gesamtrang (3. in seiner Klasse) bei der Rallye El Chott 95 sowie ein in Anbetracht des langen Radstands nicht minder achtbarer 35. Platz von über 80 Startern bei der 96er Transsylvania-Trophy.
 
Szenenwechsel:
Berlin im Jahre 1988: Vom Berliner Senat bekommen die französischen Schutzmächte einen ganz besonderen Mercedes nach Militärspezifikation gekauft: der lange 280 GE wird fortan eingesetzt als Führungsfahrzeug, vornehmlich auf dem Kurfürstendamm und der Straße des 17. Juni. Die Durchquerung von Minenfeldern und der Beschuß aus großkalibrigen Waffen waren aber offensichtlich von vornherein einkalkuliert: der Fahrzeugboden im Bereich der Sitze war ebenso wie der Tank mit dicken Stahlplatten gepanzert, ein Überrollbügel und ein massiver Rammschutz waren bereits vorhanden, an letzterem war sogar schon eine Warn 8274 Winde angebracht. Das Militär wußte eben schon immer, was gut ist. Zwei 15Liter Kotflügeltanks sollten im Krisenfall die nötige Reichweite sicherstellen, während die Recaro-Sitze für ermüdungsfreies Fahren sorgten. Uneingeschränkte Übersicht im Stadtverkehr erlaubte die runde Dachluke.
56.000 km hatte der G auf der Uhr, als ihn Detlef 1994 in fast neuwertigem Zustand erwarb. Auslauf in schwerem Gelände sollte er fortan genug bekommen, soviel stand fest.
Eine geführte Expeditionstour nach Nordrussland (im Winter!) sollte die erste Bewährungsprobe für das ehemalige Militärvehikel werden, doch der Veranstalter sagte die Reise leider ab. Auf der Suche nach neuen Einsatzmöglichkeiten für sein "Spielzeug" begab sich Detlef auf die damals noch in Köln stattfindende Off-Road-Messe. Hier kam es zu einer schicksalhaften Begegnung mit einem Mann, der in der G-Szene kein Unbekannter ist: Ralf Heinemann, Geschäftsführer der extrem-motorsport GmbH. Einige Tassen Kaffee später war man sich darüber einig, daß der Regenberg G die geeignete Basis für den ultimativen Fourwheeler sei. Gewünscht war eine optimale Kombination für sportliche Einsätze ebenso wie für extreme Fernreisen. Keine leichte Aufgabe, doch die Wuppertaler machten sich zuversichtlich an die Arbeit.
Zuerst wurden die Stahlplatten unter den Sitzen entfernt, denn Kriegsschauplätze standen auf absehbare Zeit nicht auf der Reiseliste der Regenbergs. Die erreichte Gewichtseinsparung wurde zwar gleich wieder bei der Verlängerung des vorderen Unterfahrschutzes zunichte gemacht, doch dieser gewährleistet jetzt den Schutz der Achse und der Spurstange auch unter ungünstigsten Bedingungen. Im Innenraum ergänzte man den vorhandenen Überrollbügel im Bereich der A-Säule, und legte bei dieser Gelegenheit gleich den Fußraum mit pflegeleichtem Alu-Riffelblech aus. Um den Motor bei tiefen Wasserdurchfahrten zu schützen, wurde ein speziell angefertigter Ansaugschnorchel installiert. Dieser kann bei Bedarf auch mit einem Zyklon Vorfilter ergänzt werden, um Staubpartikel vom Luftfilter fernzuhalten.
Damit hatte der ex-Berliner schon einen ganz ordentlichen Reifegrad erreicht, doch mit dem Serienfahrwerk sah das ganze noch recht albern aus. Nun hat allerdings wohl noch kein G jemals die Hallen von extrem auf der originalen Bereifung verlassen, und Ralf Heinemann verpaßte daher dem Mercedes seine ganz persönliche Interpretation eines "Schlechtwege-Pakets".
Um Platz für die General Grabbers im beeindruckenden Format 35x12,5/R15 (Felge CW 8Zoll) zu schaffen, wurde die Karosserie mit einem Body-Lift um 40mm angehoben. Dies ist beim G die magische Grenze, deren Überschreitung einen stark erhöhten technischen Aufwand zur Folge hätte.
Die hauseigenen weißen Wettbewerbsfedern trugen ebenfalls mit 80mm zum Höhenwachstum bei, und ermöglichen "nebenbei" auch eine hervorragende Verschränkung. Die ehrenhafte und stapaziöse Aufgabe, die Bewegungen der Riesengummis zu bändigen, fällt passenden Gasdruckdämpfern aus dem Hause Bilstein zu.
Das Ergebnis dieser Operation kann sich sehen lassen:
Das extrem-Fahrwerk schafft im langen G das schier Unmögliche: Bodenfreiheit und Verschränkung sind trophytauglich, das Fahrverhalten bleibt aber auch in schnellen Streckenabschnitten immer neutral und berechenbar. Detlef ließ es sich anläßlich des Photo-shootings nicht nehmen, beides zu demonstrieren.
Weder tiefe Schlammlöcher noch steile Anstiege können den Vorwärtsdrang des grünen Monsters stoppen. Mit schwäbischer Beharrlichkeit ackert sich der 2,8 L Sechszylinder auch durch den dicksten Modder, wobei die beiden serienmäßigen Sperren gute Dienste tun. Natürlich gibt es Situationen, wo man die Kraft eines V8 zu schätzen wüßte, aber nie kommt der Eindruck auf, die Serienmaschine wäre mit den über 2,5 Tonnen Lebendgewicht des G überfordert. Es versteht sich von selbst, daß der Motor für sich in Anspruch nimmt: "Wer gut arbeitet, soll auch gut trinken". Größere Felsbrocken oder Baumstämme können dank der mit Hinblick auf den Transsylvania-Einsatz durch Andree Ziehm (S.R.T.) montierten Aluminium-Schutzplatten unter dem Getriebe und dem Tank gefahrlos überrutscht werden. Von Andree stammen auch die Halterungen für die rückwärtige Warn X 9000 sowie für die Sandbleche.
Im Cockpit ist alles vertreten, was das Navigieren abseits befestigter Straßen sicher und angenehm macht: Garmin GPS, Terratrip 404 und ein elektronischer Kompass teilen sich seit kurzem die Arbeit mit dem neuen TripComp-System. Somit sind alle wichtigen Instrumente doppelt vorhanden, und wenn aus irgendwelchen Gründen wirklich einmal garnichts mehr funktionieren sollte, dann liegt im Handschuhfach der Peilkompass bereit. Für gepflegte Kommunikation mit den Begleitfahrzeugen sorgt das Funkgerät unter dem Armaturenbrett.
Mit viel Sinn für's Detail hat der Besitzer im Innenraum diverse Leselampen, 12V-Steckdosen und Schalter verteilt. Auf der Ladefläche hinter den Vordersitzen sind stabile Ösen vorhanden, an denen das in Alu-Kisten mitgeführte Equipment sicher verzurrt werden kann.
Daß es sich bei aller Schlichtheit nicht nur um ein Zweck- sondern vor allem auch um ein Spaßmobil handelt, beweist das Sony-Radio mit CD-Player.
Und so kommt es, daß sich auf dem alljährlichen G-Club Treffen oft mehr Enthusiasten um den "Luken-G" scharen, als um so manchen chromglänzenden Multi-PS Tiefflieger. Schließlich ist hier ein Geländewagen entstanden, der tatsächlich von sich behaupten kann, auf jedem denkbaren Untergrund zuhause zu sein: Sand, Fels, Schlamm und Boulevard.
 
DIE TECHNIK - Wichtige Modifikationen am Basisfahrzeug
(Mercedes 280 GE lang):
Motor: Serie (2,8 -Liter Reihensechszylinder, 156 PS, 226 Nm, Einspritzung
Getriebe: Serie (Viergang manuell), Verteilergetriebe Serie, Kupplung Serie
Achsen: Serie, 1:5.3 (hydraulisch betätigte 100% Sperren)
Fahrwerk: Motorsport Spezialfedern, 80mm höher
Karosserie: Bodylift 40mm, Dachluke
Bereifung: 35x12,5 R 15 General Grabber MT
Sonstiges: Seilwinde Warn 8274 vorn, X9000 hinten (bei Bedarf), Unterfahrschutz Motor / Getriebe / Tank, Ansaugschnorchel, Zusatzlüfter, TripComp und Terratrip, Überrollkäfig, Sportsitze "Recaro", Stoßdämpfer "Bilstein", Zusatzscheinwerfer, "Warmdusche"
 

 
Text: Oliver August
Fotos: Oliver August
 
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