Berichte - Reise - Ligurische Grenzkammstraße

Die ligurische Grenzkammstraße
Von Ventimiglia bis Tende (August 2003)
 
Start an der Mittelmeerküste:

Als Einstieg in die sagenumwobene ligurische Grenzkammstraße wählten wir den italienisch-französischen Grenzort Ventimiglia. Dieses betriebsame Küstenstädtchen liegt in einem breiten Tal an den beiden Flüssen Roya und Nervia und sollte vor einer Befahrung der Grenzkammstraße unbedingt zum Tanken aufgesucht werden, da wir weder in Pigna noch in Monesi eine Tankstelle gesehen haben.

Zum Eingewöhnen ging es zunächst auf schmalen aber asphaltierten Sträßchen in die Berge der Küstenregion. Dort führte unser Weg kilometerlang durch malerische, terrassenförmig übereinander angelegte Olivenhaine, die mit Tropfbewässerung in Stammnähe auch bei der diesjährigen Trockenheit nicht so trostlos aussahen wie der Rest der Vegetation, deren Farben von gelb bis schmutzig grau und braun reichte.
 
Passo di Gouta:
Als ersten anfahrbaren Hochpunkt hatten wir uns den Passo di Gouta ausgesucht, da in diesem Bereich ein erster Teil Offroad gefahren werden kann. Schon beim Aufstieg bogen wir von der asphaltierten Passstraße links ab und fuhren eine sehr enge und fast zugewachsene Fahrspur bergan.

 

Der grobe Schotterbelag, der nur ca.2,00 m breite Weg und die engen Kehren zwangen uns zu einer sehr langsamen und vorsichtigen Fahrweise. Dieser Bereich sollte nicht bei Regen oder Nebel befahren werden. Hier haben auch Fahrzeuge mit Dachträger oder Dachzelt Schwierigkeiten, da zum Teil dicke Äste bis weit in den Fahrbereich hineinragen. Auch muss man in einigen Kehren zurücksetzen, was erhöhte Aufmerksamkeit erfordert.

Dafür belohnt dieser Streckenabschnitt mit anspruchsvollem Offroad-Fahren und einem Blick auf Ventimiglia, die dortige Autobahnbrücke und das Mittelmeer.

 

Nach etlichen Kilometern wird wieder die asphaltierte Passstraße erreicht, der man ein Stück weiter bergauf bis zum Passo di Gouta und dem dortigen Restaurant folgt.
Auf dem Scheitelpunkt beginnt ein befahrbarer Rundkurs, der zu ca. ¾ aus zum Teil anspruchsvollen Schotterwegen besteht und einige schöne Picknick- oder Übernachtungsplätze bietet.

 

Da die Strecke meistens durch lichten Wald führt, ist sie angenehm kühl, bietet aber nur begrenzte Ausblicke auf die umgebenden Berge, dafür aber schöne Tiefblicke in die bewaldeten Täler.

 

Übernachtet haben wir auf einer schönen Lichtung nahe des Weges, die auch Platz genug für mehrere KFZ bietet.
Am Morgen wurden wir von dem Glockengeläut einer grasenden Kuhherde geweckt und setzten unsere Fahrt auf dem Rundweg fort, der uns wieder zurück zum Passo di Gouta führte.
Dort ging es, diesmal auf der Asphaltstraße, talwärts bis zur Hauptstraße nach Pigna.

 

Einstieg in die ligurische Grenzkammstraße:
Das kleine Dorf Pigna mit einer Quelle, an der man mitten im Ort kostenfrei seine Wasservorräte ergänzen kann, liegt im Tal und wird auf dem Weg zum Colle Langan und zur Colle Melosa durchquert. Auf einem kleinen Asphaltsträßchen mit Blick auf Castel Vittorio geht es zunächst durch einige Kehren und etliche schlecht einsehbare Kurven immer weiter bergan.

 

Am Colle Langan nimmt man den Abzweig nach links und fährt auf der schmalen Straße an einem Grill- und Picknickplatz vorbei bis zum Restaurant auf dem Colle Melosa. Von dort hat man einen schönen Blick auf den tieferliegenden Stausee.
Nach dem Restaurantparkplatz endet der Asphalt und das eigentliche Abenteuer kann beginnen.

Der Belag besteht, wie auf der gesamten Strecke, fast nur noch aus der Packlage, dem grobschotterigen Unterbau der ehemaligen Militärstraße. Zum Teil sind deutliche Auswaschungen und Querrillen vorhanden, die auch hier einen umsichtigen Fahrstil voraussetzen.

Die Trasse zieht sich in mehreren Kurven weiter den Berg hinauf, wobei jedoch keine extrem starken Steigungen zu bewältigen sind. Im Rückblick kann man deutlich den Verlauf der geschotterten Straße, das Restaurant am Colle Melosa und den Stausee sehen.

 

Nach der Umrundung einer Felsnase taucht das Panorama der ligurischen Alpen auf. Deutlich ist jetzt schon der Monte Saccarello mit der Christus-Figur auf dem Gipfel zu erkennen und lässt so den groben Verlauf der Grenzkammstraße erahnen, da dieser Berg rechts umfahren werden muss. Im Tal sieht man die Dörfer Realdo und Triora, während der Weg ohne nennenswerte Höhenunterschiede an der Cime de Marte vorbei bis zu einer fast verlassenen Ruinensiedlung führt.

 

Dort beginnt der langsame Abstieg Richtung Baisse de Sanson und Colle Ardente, wo man das erste Mal auf Ruinen von Kasernen der Italienischen Armee stößt.

Von dem etwas niedrigeren Baisse de Sanson steigt die Straße erneut an und windet sich entlang der Bergflanke mit mehreren schlecht einsehbaren Kurven immer höher bis zum Tunnel Galeria Buia. Dieser ist 460 Meter lang, nicht beleuchtet und macht einen leichten Rechtsbogen. Boden, Wände und Decke bestehen teils aus blankem Fels.

 

Weiter geht die Fahrt an einem kleinen Wasserfall vorbei, immer höher hinauf bis zum zweiten Tunnel der Grenzkammstraße, der Galeria Garrezzo. Diese ist nur 60 Meter lang und bildet den Scheitelpunkt, da nun die Abfahrt zum Skiort Monesi beginnt. Nach einigen Kilometern endet der Schotter und eine Asphaltstraße leitet weiter bis auf die Hauptzufahrtsstraße nach Monesi.
 
Monesi bis Colle di Tenda:
Als typischer Skiort bietet Monesi im Sommer ein trauriges Bild, weshalb wir den Ort mit seinen vielen Straßenbaustellen schnell durchquert haben. Unter Schleppliftanlagen hindurch geht es weiter bergauf. Die folgenden Kilometer sind nicht sehr abwechslungs- und aussichtsreich, da die meiste Zeit in lichtem Nadelwald, meist Lärchen, gefahren wird. Erst wenn die Strecke weiter an Höhe gewonnen hat und über die Baumgrenze führt wird die Sicht auf das großartige Bergpanorama wieder frei.

 

Nach einer scharfen Kurve öffnet sich der Blick auf den Col de Seigneurs. Auf dem nun folgenden leichten Gefälle gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten, deswegen möglichst vorausschauend fahren und gegebenenfalls auf den Gegenverkehr warten.

Außerdem ist dieses schmale Straßenstück aus dem Felsen geschlagen, so daß auf der einen Seite der Fels weit in den Fahrbereich ragt (Probleme bei Dachträgern und Dachzelten) und auf der anderen Seite der Berg mehrere 100 Meter steil in die Tiefe abfällt.

 

Nach dieser kniffligen Stelle beginnt eine großartige Karst-Landschaft mit glattgeschliffenen Felsen, Erosionsspalten in Felswänden und fast kreisrunden Dolinen-Trichtern.

 

In diesem Bereich ist auch der Schotterbelag extrem rau und voller Absätze und Stufen.
Es bieten sich aber herrliche Blicke auf die umgebenden Berge und auch das Übernachten ist hier möglich, wenn man, wie wir einen einigermaßen ebenen Stellplatz findet.
Nach einer windigen Nacht ging es am nächsten Morgen über einen kleinen Sattel ins nächste Tal. Dort kann man den weiteren Verlauf der Trasse an der gegenüberliegenden Bergflanke verfolgen, bis nach der Umrundung einer Kurve der kühnste Teil der Streckenführung vor einem auftaucht.

 

Die Grenzkammstraße wirkt wie an den Felsen geklebt und macht zusätzlich noch eine steile Kehre, auf die ein kurzer Abschnitt folgt, wo sie nur auf einem aufgeschütteten Damm verläuft und die Randsicherung nur aus sporadisch aufgestellten Begrenzungspfosten besteht.
Der Col de la Boaire kann durch eine Sperrschranke verschlossen werden, wenn die Befahrung durch Witterung, Bergrutsche oder Steinschlag nicht möglich ist.

 

Nach der Überwindung dieser Gefahrenstrecke fährt man auf halber Höhe der Berghänge um ein weites relativ flaches Tal, auf dessen Grund ein kleiner, fast verlandeter und von Binsen umsäumter Teich und eine Alm mit kleinem Käseverkauf liegen.
Auf dem nächsten Bergkamm bietet sich ein großartiger Blick auf das Fort Central, mit seinen dicken Mauern und rasengedeckten Dächern sowie der zugehörigen Kaserne. Leider wird das herrliche Panorama durch den unerfreulichen Ausblick auf das Skigebiet zu Füßen des Tende-Passes getrübt.

 

Als der kehrenreiche Abstieg und die Skilifte hinter uns lagen, entschlossen wir uns zu einer geruhsamen Pause im alten Kasernenhof, bevor wir am Fort la Marguerie vorbei über das Val de Casterino die Grenzkammstraße verließen und Kurs auf den Grand Parpaillon nahmen.

 
Text: Johannes Roth
Fotos: Johannes Roth
 
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